SVP Solothurn auf Berlusconis Spuren


Folgende unglaubliche Ideen propagierte die SVP Solothurn im Kantonsrat:

Wir ersuchen den Regierungsrat in diesem Zusammenhang um Beant-wortung folgender Fragen: Ist der Regierungsrat bereit, die Kantons-verfassung im Artikel 65 durch folgende zwei neue Absätze zu ergänzen:

• Abs 2: Strafuntersuchungen, Nach- und Strafsteuer-verfahren sowie Enteignungsverfahren gegen Mitglieder des Kantonsrats oder des Regierungsrats bedürfen der Be-willigung des Kantonsrats auf  Antrag der Regierug.

• Abs 3: Sollen bei Mitgliedern des Kantonsrats oder des Regierungsrats oder bei den von ihnen wirtschaftlich beherrschten Betrieben Steuerrevisionen durchgeführt oder die definitive Steuerveranlagung nicht innert zwölf Monaten seit Einreichung der Steuererklärung vorgenommen werden, ist rechtzeitig auf Antrag der Regierung die Bewilligung der Ratsleitung einzuholen; diese entscheidet mit einfachem Mehr.

Urs Huber, SP. Es wurde gesagt, es gäbe nichts Neues unter der Sonne. Für mich stimmt das nicht. Das ist das Neuste und noch nie im Kantonsrat vorgekommen. Für die SP-Fraktion ist diese Interpellation der SVP-Fraktion nicht nachvollziehbar, und sie ist schon gar nicht tolerierbar. Sie sprengt auch den Rahmen dessen, was wir als vorstellbar gehalten haben. Man liest den Text, allein man glaubt es nicht.

Das Ganze geht für uns nicht mal auf die berühmte Kuhhaut, die Kuh würde sich das verbieten und natürlich sofort einen Anwalt nehmen. Dieser Vorstoss ginge nicht mal unter dem Begriff Kuriositäten und Ungereimtheiten - wo auch immer - ob im Solothurner Amtsblatt oder im Kantonsrat durch. In der Antwort der Regierung werden ver-schiedene rechtliche Aspekte dargelegt. Das ist schön und gut, allein für die SP-Fraktion in diesem Fall völlig irrelevant. Wir wollen das grundsätzlich nicht. Die Mitglieder der SP-Fraktion wollen das nicht. Wir gehen nicht auf die juristischen Aussagen und Spitzfindigkeiten ein. Denn wir wollen aus politischen Gründen ein klares Nein. Die Mitglieder der SP-Fraktion wollen als Kantonsräte und Kan-tonsrätinnen keine besondere Gattung mit einem beson-deren Rechtsschutz sein. Wir sind keine Kaste, wir sind keine aussterbende Gattung und wir sind keine Minderheit, die es zu schützen gilt. Es gibt für uns keinen Grund, wieso wir als Volks-vertreter besser gestellt werden sollen als das Volk! Da das Volk und da wir Volksvertreter. Das wäre ein Hohn für jeden normalen Bürger und  jede Bürgerin in diesem Kanton.

Wenn es jemals eine konkrete Vorstellung dieser sogenannten «classe politique» gab, diesem herbeigeredeten  Schimpfwort, dann würde diese Idee der SVP-Fraktion sie errichten. Ausgerechnet die SVP-Fraktion.  Vorhin wurde laut und breit nach Transparenz und nochmals Transparenz gebrüllt. Offenbar gilt  das nur bei Ausländern, Schuhträgern, bei sich selber ja nicht.

Ich persönlich wehre mich dagegen, dass politische Gegner immer in Sippenhaft genommen werden.  Also weil der Politiker Z aus der Partei X etwas gemacht hat oder haben soll, sind dann alle bei dieser

Partei so. Aber wenn sich die SVP-Fraktion mit der Lancierung dieses Vorstosses freiwillig geschlossen in Geiselhaft begibt, dann ist es halt schwierig. Wir halten das Verfahren Müller für das, was es ist: Ein hängiges  Verfahren. Nicht im Sinne von hängt ihn höher! - und auch nicht im Sinne von – lasst es fahren!

Dass die SVP deswegen nun einen solchen Irrläufer produziert hat, macht uns aber fast misstrauisch. Es zeugt unseres Erachtens auch von einem Verfolgungswahn, man nimmt sich in der SVP wohl auch einfach ein wenig zu wichtig. In der Vorstellungswelt von Heinz Müller hat der böse König Christian, alias der grausame Steuereintreiber, mit seinen blutrünstigen Schergen und Palladinen nichts Besseres zu tun, als Tag und Nacht dem armen Waisenkind aus einer Müllersfamilie nachzustellen, es zu piesacken und zu verfolgen. Hallo, mir fehlt nur noch Sherwood Forrest und Robin Hood. (Heiterkeit im Saal)

Wie gesagt, das ist einfach eine Selbstüberschätzung. Und wenn wir schon bei Sagen und Märchen sind: Wenn der König wirklich das Problem war, wurde er geköpft oder musste ins Kloster - und man machte  nicht 100 neue Könige!

Die Urheber dieses Vorstosses waren wohl von allen guten Geistern verlassen. Und das meine ich wortwörtlich. Denn auch in der SVP-Fraktion gibt es gute Geister, auch wenn es rechte Geister sind. Falls es

noch nicht gesagt war: Die SP-Fraktion lehnt diesen Vorstoss ab. Punkt. Schluss.